„Berlin, ein Traum mit Sahne“ (Marcel Broodthaers, 1974)
Konzeptkunst & Institution. Das Berliner Künstlerprogramm des DAAD in den 1970er Jahren
In meiner Dissertation beschäftige ich mich am Beispiel der Stipendiat*innen des Berliner Künstlerprogramms des DAAD (im Weiteren BKP) mit dem Verhältnis von Konzeptkunst und Institution – als Raum für Kunst, aber auch als Organisationsform von Macht und Politik. Anhand des Archivs des BKP untersucht das Projekt exemplarisch institutionelle Handlungsformen einer Kultureinrichtung, und nimmt institutionskritische Kunst in den Blick, die internationale Künstler*innen unter der Förderung dieses Residenzprogrammes in Westberlin realisierten. Betrachtungsgegenstand ist das Werk von ausgewählten Fellows der 1970er Jahre aus dem westeuropäischen und US-amerikanischen Kontext sowie aus Staatssozialismen in Osteuropa, deren Berlin-Projekte als Beispiele einer erweiterten künstlerischen Institutionskritik analysiert werden. Durch diese Auswahl rückt ein im Kontext des Kalten Krieges blockübergreifender Austauschmoment ins Zentrum der Analyse. Durch den Fokus auf das BKP, das künstlerische Positionen bereits zusammenbrachte, als die ansonsten im Zeichen des Kalten Krieges noch in eine West-Ost-Dichotomie auseinanderdividiert wurden, kann die Internationalität und das nicht vollständig wahrgenommene politische Potenzial der Konzeptkunst herausarbeitet werden.
Dabei leiste ich eine Interpretation bisher kaum rezipierter, in Westberlin entstandener Werke von Künstler*innen aus Westeuropa, den USA und Osteuropa, der ich die Auswertung von Archivmaterial zur Seite stelle: in Form von nahsichtigen Mikrogeschichten, in denen institutionskritische Kunstwerke ausgewählter Stipendiat*innen mit Dokumenten zum Berliner (Kunst-)institutionellen Kontext sowie mit dem Herkunftskontext der Künstler*innen abgeglichen werden. Die Untersuchung der genauen institutionellen Funktionsweise des BKP durch die erstmalige Auswertung des historischen Archivs des Programms sowie durch Oral-History-Interviews und die Analyse zeitgenössischer Pressestimmen ermöglicht es, die Idee der Internationalisierung der Kulturproduktion vor dem Hintergrund machtpolitischer Interessen zu analysieren. Gleichzeitig kann der Diskurs der künstlerischen Institutionskritik der 1970er Jahre aus einer neuen Perspektive politisch-historisch verortet werden. Konkret wird erstmals dargestellt, wie im Rahmen des Stipendiums Kunstwerke entstanden sind, die nicht nur die institutionellen Rahmenbedingungen von Kunst thematisieren, wie es institutionskritischen Tendenzen der 1970er Jahre gewöhnlich zugeschrieben wird, sondern auch eine Form der künstlerischen Kritik an dominanten politischen Strukturen und Gesellschaftsmodellen üben. Diese These belege ich auf den Ebenen der künstlerischen Kritik an der Bürokratie, am Museum und am urbanen öffentlichen Raum Berlins.
Humboldt Universität zu Berlin
Institut für Bild- und Kunstgeschichte
Betreuerin: Prof. Dr. Eva Ehninger
Gefördert durch das Elsa-Neumann-Stipendium des Landes Berlin